Ein Buch über seine eigene Entstehung

(1. Bitte geben Sie Ihren Namen, Ihre E-mail, das Department und den Titel Ihrer Arbeit an)

Björn Jeske mail@bjoernjeske.de,
Tim Rausch mail@timrausch.de,
Department Design,
Ein Buch über seine eigene Entstehung – Die Utopie einer Wissenschaft

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(2. Beschreiben Sie kurz Ihre Arbeit (max. 2000 Zeichen))

„Ein Buch über seine eigene Entstehung“ ist der Versuch, den Fokus vom endgültigen Produkt auf dessen Entstehungsprozess zu verschieben und die Rezeption einer Arbeit zu einem grundlegenden Bestandteil der Arbeit selbst zu erklären.

Um also einen rezeptionsästhetischen Standpunkt zu formulieren, begreifen wir unseren Prozess als Forschungsgegenstand und machen ihn für die Rezipientin/den Rezipienten in seiner Gesamtheit nachvollziehbar.

1 Verlauf der gesamten Arbeit

Wir bohren unseren Designprozess auf, indem jeder Arbeitsschritt auf dem Weg hin zu einem Endprodukt Teil eben dieses Endprodukts wird. Jede Iteration auf der Suche nach einer Gestaltung, die dem Inhalt gerecht wird; jedes nicht-zielgerichtete Probieren; jede Idee; jede konzeptuelle Entscheidung; jede Diskussion um all diese Dinge wird in chronologischer Reihenfolge in Aktenordnern gesammelt und in einer (auf das eigentliche Ereignis folgenden) reflexiven Schleife erklärend kommentiert.

2 Kommentar zur Refelxion von Konzeption und Gestaltung
3 Retrospektion zur Reflexion von Diskussionen

Aus diesen Aktenordnern entsteht ein Buch, das sein eigenes Entstehen dokumentiert; und nur solange es sein Entstehen dokumentiert, entsteht es.

Der dieser Arbeitsweise implizite, permanente Drang zur Selbstreflexion schafft eine Situation, in der die Abfolge von Gestaltung, Reflexion der Gestaltung, Gestaltung der Reflexion der Gestaltung usw. zum Auslöser ihrer Wiederholung wird. Diese, dem eigentlichen Gegenstand gleichbedeutende Ebene der Reflexion, inszeniert die dieser Arbeit inhärenten Wechselwirkungen zwischen (1) der Arbeit und der Rezipientin/dem Rezipienten, (2) der Arbeit und ihrem Autor und (3) der Arbeit zu sich selbst und versucht somit zur gleichen Zeit Gestaltung und Gestaltung der Gestaltung, Wissenschaft und Wissenschaft der Wissenschaft zu sein.

4 Definierung der Wechselwirkung zwischen der Arbeit und dem Autor
5 Definierung der Wechselwirkung zwischen der Arbeit und dem Rezipienten

„Ein Buch über seine eigene Entstehung“ ist ein Buch und gleichzeitig ist es ein Raum, in dem wir versuchen aus einer gestalterischen Perspektive heraus die bloße Ästhetik des Objekts zu übersteigen und den Bedingungen und Prinzipien ästhetischer Produktion auf den Grund zu gehen.

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(3. Beschreiben Sie, warum Ihre Arbeit als forschend oder forschungsnah angesehen werden kann und ggf. welchen Beitrag Sie zum Diskursfeld der Designforschung leisten (max. 2000 Zeichen))

1993 schlug der britische Historiker Christopher Frayling ein Model zur Kategorisierung forschender Tätigkeit in Kunst und Design vor. Dieses Model unterscheidet grob drei Arten von Forschung:

  • Forschung über Design: Forscher agieren als klassisch wissenschaftlich arbeitende, neutrale Beobachter
  • Forschung für Design: Forscher agieren als Wissenslieferanten für Designer
  • Forschung durch Design: Designer sind Forscher; sie Blicken auf einen Forschungsgegenstand, den sie gleichzeitig gestaltend manipulieren

Der zirkuläre Charakter der Forschung durch Design scheint in seinen Ursprüngen bereits dem Design selber immanent; denn Design ist eine extrem Kontext-sensitive, ihre Umgebung maßgeblich gestaltende und gleichzeitig von dieser (mitgestalteten) Umgebung beeinflusste Disziplin. Konzentrieren wir uns also mit forschender Absicht auf den Designprozess, dann verändert er sich während der Beobachtung. Er folgt dem Prinzip der Reaktivität: Forschung durch Design schafft Wissen; gleichzeitig ist sie, auf Grund fehlender Autonomie nicht in der Lage dieses Wissen vor ihrem Forschungsgegenstand (dem Design) zu verbergen.

„Ein Buch über seine eigene Entstehung“ versucht weder dieses Problem zu umgehen, noch es zu lösen. Ganz im Gegenteil: Wir machen uns das Paradoxon des sich immer weiterentwickelnden Forschungsgegenstands zunutze, indem wir einen Prozess gestalten, in dessen Ablauf sich das zu Erforschende und das Erforschen gleichzeitig, aneinander weiterentwickeln.

Dieser zirkuläre Verlauf von Erkenntnisgewinn stellt eine Laborsituation her, in der sich unser Disziplin-spezifisches Wissen stetig auf der Basis zuvor erneuertem Disziplin-spezifischem Wissen erneuert. Indem also die gesamte Arbeit versucht, nicht nur die Bedingungen ästhetischer Produktion und Rezeption darzustellen, sondern viel mehr versucht diese zu sein, ermöglicht sie uns, an unserem eigenen Prozess Erkenntnisse über Design, das Designen, uns als Designer und das Forschen durch Design zu erlangen.

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6 Ansicht des Labors
7 Das Labor im Kontext des Theatre of Truth: Einem Schauspiel, in dem die Artefakte unserer Arbeit durch soziale Konstruktion zu Fakten werden